Ich habe leider keinen Passenden Titel für diese Geschichte, aber ich denke, dass das nicht so schlimm ist...
Doch muss ich vorwarnen, sei ist etwas länger (1392 Wörter 😉 ), das könnte eventuell etwas unübersichtlich werden...ich hoffe inständig, dass das ebenfalls nicht so schlimm ist?
[size=10][font=times new roman]Ich machte einen Schritt nach vorne und drehte mich erneut um.
Mein Blick schweifte ein letztes Mal über den grau grünen Wald.
Ein letzter Schritt und ich war da. Am Rande einer Klippe, unter mir ein Tiefer, bodenloser Abgrund. Dies war mein Versteck, mein Zufluchtsort.
Schon als kleines Mädchen bin ich immer hier hin gelaufen, wenn ich Ãrger gemacht hatte.
Doch nun schäme ich mich deswegen.
Vor drei Tagen hatte ich meinen Eltern wieder einen Streich gespielt und bin danach wie immer zu meinem Versteck gelaufen.
Als ich am nächsten Morgen zurückgekommen bin, erwarteten mich keine Eltern, sondern ein zertrümmertes Haus.
Ich suchte nach meiner Mutter und meinem Vater und fand sie schließlich auch.
Meine Mutter war tot, doch die Brust meines Vaters hob und senkte sich noch.
Ich ging zu ihm und strich sanft über seinen Kopf.
Ein letztes Mal hatte mein Vater die Augen geöffnet und ein letztes Mal hörte ich seine sanfte, tiefe Stimme: »Du bist zurück Soléy. Deine Mutter hat uns schon verlassen...und auch ich muss gehen.«
»Nein! Gehe nicht! Verlasse mich nicht!«, sagte ich mit zitternder Stimme.
Doch er sagte nur: »Ich muss...mach es mir nicht noch schwerer und versuche nicht mich zurück zu halten... Hilf mir, mich von dir zu trennen und halte mich fest...« Seine Stimme wurde immer leiser.
Ich erfüllte meinem Vater seinen letzten Wunsch und hielt ihn fest.
Ich ließ ihn auch nicht los, als ich den weißen Schleier seiner Seele davon fliegen sah.
Ich weinte.
Selbst als meine ganzen Tränen versiegt waren und ich nur noch ein schluchzen hätte aufbringen können, kullerten mir die Tränen übers Gesicht und auf den leblosen Körper meines Vaters.
Er war tot.
Alle waren tot.
Mein Bruder hatte Recht gehabt, als er gesagt hatte, dass ich meine Familie irgendwann einmal ins Verderben treiben würde.
Mein Bruder!
Es gab noch Hoffnung, dass er überlebt hatte, denn er war nicht unter den Trümmer des Hauses zu finden gewesen.
Ich rief nach ihm, bekam jedoch keine Antwort.
All meine Hoffnung war verloren.
Als der Abend dämmerte, schlief ich ein.
Erst, als die Sonne aufgegangen war, löste ich mich von meinem kalten, leblosen Vater.
Ich rannte los.
Ohne es zu merken rannte ich zu meiner Klippe.
Die letzten Meter jedoch schritt ich langsam ab.
Nach jedem Schritt drehte ich mich um. Und als ich den letzten Schritt zum Rande der Klippe getan hatte, drehte ich mich ein letztes Mal um.
Lange verweilte mein Blick auf dem großen schwarzstämmigen Baum, auf den ich früher schon sooft geklettert bin.
Nun würde ich dies alles hinter mir lassen.
Ich würde das, was ich zurückgelassen habe nie wieder sehen.
Dann machte ich noch einen Schritt und fiel. Ich fiel in eine bodenlose schwärze.
Ich drehte mich. Immer schneller wirbelte ich um meine eigene Achse.
Ich fühlte mich frei und schloss die Augen.
Dann geschah etwas Seltsames.
Ich prallte auf etwas Weiches.
War es schon der Boden?
Ich traute mich nicht meine Augen zu öffnen.
Es war nicht der Boden, oder ich bildete mir nur ein, dass ich wieder nach oben getragen wurde?
Dann spürte ich unter mir gewaltige Muskeln und hörte eine vertraute Stimme in meinem Kopf: »Warum bist du nur gesprungen, Kind? Du bist doch noch so jung. Warum hast du dich in die Tiefen gestürzt?«
»Ich weiß es nicht, Onkel«, antwortete ich in meinem Kopf.
Mein Onkel sprach zu mir, als wäre er niemals tot gewesen.
Ein riesiges Geschöpf trug mich empor.
Erst hielt ich das alles nur für eine Einbildung, doch dann bemerkte ich dieses Herzflattern, das ich immer bekommen habe, als mein Onkel mit mir gesprochen hat und so etwas kann man sich einfach nicht einbilden.
So musste ich es als die Wahrheit anerkennen, dennoch erschrak ich, als ich die Augen öffnete und Meinen Onkel vor mir sah.
»Du lebst?«, fragte ich in Gedanken.
»Nur in deinem Kopf. Ich habe meinen Geist in deinen gewebt, bevor ich starb. Ich habe dich überallhin begleitet, ohne, dass du es bemerkt hast.
Und nun habe ich dein Leben gerettet. Dieser Adler ist ein Geschenk von den Göttern an dich, Soléy. Denn du bist ihre Sonne«, antwortete der Geist meines Onkels.
»Siehst du diese Nebel dort?«, fragte er mich, »Dahinter befinden sich die Antworten auf deine Fragen.
Und wenn du richtig fragst, kannst du auch deine Eltern wieder zurückholen.
Und vielleicht auch mich...«
Ich wollte etwas sagen, doch hatte die Sprache mich verlassen.
Ich konnte meine Eltern zurückholen...
Glück machte sich in mir breit und wärmte mich auf.
Dann hörte ich eine andere Stimme, eine unmenschliche, tiefe und wunderschöne Stimme: »Soléy, wir werden bald da sein. Willst du den Nebel passieren, oder nicht?«
»Ja«, flüsterte ich nur.
»Mein Kind, sie werden nicht so sein, wie früher. Sie werden so sein wie ich. Willst du das?«, fragte die Geisterstimme meines Onkels ernst.
»Ich will nur noch einmal mit ihnen reden. Ihnen Sagen, dass es mir leidtut. Ich werde diesen Nebel passieren, egal, was dahinter sein mag.«
»Du bist mutig, Kind, und das ist das, was dein Bruder damals meinte. Nicht DU bringst diene Familie ins Verderben, sondern DEIN MUT«, sagte mein Onkel.
Dann flogen wir durch dichten Nebel. Ich sah nichts mehr und wunderte mich, wie der göttliche Adler in diesem Nebel überhaupt sehen konnte.
Und dann sah ich die andere Seite der Klippe, die keine einfache Klippe war, sondern eine breite Schlucht.
Die andere Seite war bunt, lebendig und wunderschön.
Vögel zwitscherten vergnügt und verneigten sich im Flug vor dem Adler.
Dann sah ich die Geister meiner Eltern.
Der Adler landete und ich sprang von seinem Rücken.
»Niam, Xiv?«
Sie beide nickten.
»Ich muss mich bei euch entschuldigen...«
»Nein, Kind, wir müssen uns entschuldigen. Wir haben dir damals nicht zugehört, als du sagtest, du würdest verfolgt werden. Die Menschen, die dich verfolgt haben, haben uns umgebracht.«
Ich konnte nicht glauben, dass ein Ereignis, das vor fast vier Jahren geschehen war, daran schuld war, dass meine Eltern tot sind.
Aus Verzweiflung begann ich zu weinen.
Ich merkte nicht, dass mit jeder Träne meine Eltern mehr Gestalt annahmen.
In meinen Gedanken sprach mein Onkeln wieder: »Hör auf zu weinen, Sonne der Götter!
Schließe die Augen und sprich einen Wunsch aus, er wird in Erfüllung gehen. Denn du bist Soléy, die Gottessonne, die Götter dieser und der anderen Welt werden deinen Wunsch hören und ihn erfüllen.
Beruhige dich, mein Kind.«
Ich tat, was er mir sagte und schloss die, vor Tränen verquollenen, Augen.
»Bitte, Götter der Welten, gebt mir meine Eltern wieder. Gebt ihnen ihr Leben zurück, ich, Soléy, Gottessonne bitte Euch darum, weil ich nicht ohne meine Eltern leben kann. Ohne meine Familie werde ich untergehen und nie mehr aufgehen.«
Dann trat Stille ein.
Lange herrschte Schweigen, doch dann ertönte ein Chor von Stimmen in und außerhalb meines Kopfes: »Sonnenkind, wir haben deinen Wunsch erhört, doch es ist nicht einfach das Leben eines toten Menschen wieder zu erwecken. Wir fragen dich: Bereust du deine Taten, bereust du, dass du deinen Eltern immer nur Schwierigkeiten gemacht hast? Wirst du versprechen nie wieder irgendjemandem einen Streich zu spielen? Nur, wenn du es versprichst, werden wir deinen Eltern ihr Leben wieder geben!«
Ich überlegte kurz und dann sagte ich, nur in meinem Kopf: »Ich bereue meine Taten, ja, doch ich kann nicht versprechen, dass ich nie wieder einen Streich spielen werde, denn ohne diese Streiche wird mein Licht erlöschen und Eure Sonne wird für immer untergehen. Wenn ich mich für meine Eltern aufgeben muss, so werde ich sagen müssen, dass ich das nicht kann.«
»Und warum hast du dir dann dein Leben nehmen wollen?«
»Weil ich verzweifelt war und keinen anderen Weg gefunden habe, mich aus der Verzweiflung und Trauer zu retten. Ich bin gesprungen, weil ich mich nicht mehr länger ertragen konnte, weil ich daran schuld war und bin, dass meine Eltern getötet worden sind.«
»Du hast ein reines Herz, Kind. Du hast die Wahrheit gesagt und dich gegen unseren Willen gesetzt. Du bist stark und deshalb bist du Soléy, die Sonne der Götter. Wir werden deinen Wunsch erfüllen, weil du uns gezeigt hast, wer du wirklich warst, bist und sein wirst.
Siehe, deine Eltern leben. Und auch dein Bruder wartet auf dich.
Doch wir haben noch eine Frage an dich: Willst du gehen oder an dem Ort des Friedens bleiben?«
Meine Antwort auf diese Frage war nur ein leises flüstern, doch die Götter haben sie gehört: Ich bleibe.
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